Das Sichtbare der Dinge erscheint als Illusion ihrer Materialität sowie als Gestalt ihrer Formen, die den Raum in der Fremdheit gegenständlicher Illusion durchschneiden.
Man sieht sie, aber man hat sie nicht. Ka Bomhardts
Arbeiten fragen nach der Realität dieser Illusionen, nach
der Materialität ihrer anschaulichen Präsenz, und sie
vergegenwärtigt sie in der Unmittelbarkeit ihres Malmaterials,
den reinen Pigmenten selbstgefertigter Pastelle.
Die Übertragung der Pigmente in die Fläche, greifbare
Aneignung der Farbe als Lichtmaterie, vermittelt die
Projektion der Dinge durch die abstrakte Gegenständlichkeit
der Farbe als Gestalten ortloser Projektionen.
Die daraus resultierenden perspektivischen Sprünge
thematisieren das Vorher-Nachher fokussierender Projektionen
als irritierende, unwirkliche Gleichzeitigkeit
von Illusion und Realität; sie entwerfen das Bild einer
dynamischen, durch die Vorstellung der Dinge in sich
selbst reflektierten, aufbrechenden Raumkontinuität.
Die „Säule“ macht den prozessualen Ablauf dieser Reflexionen
unmittelbar anschaulich. Wie in einem Vexierbild
tritt, je nachdem, wie man die Gestalt der Formen fokussiert,
entweder die tragende Säule einer ausschnitthaft
abgebildeten Balustrade in den Vordergrund oder zwei
aus deren Negativform abgeleitete, kopfüber dargestellte
Vasen. Der Nähe der Vereinzelung, die die „Säule“
als isoliertes Element der Balustrade vergegenwärtigt,
entspricht die Weite des Raums, den sie durchschneidet;
diese Weite wiederum erscheint als Oberflächenausdehnung
der Vasen, deren unsichtbare Tiefe sich in der
Weite wie in einem kosmischen Dekor der Vasenformen
reflektiert.Balustrade und Vase werden Spiegel einer imaginären
Entgrenzung der Realität, die die fiktive Geschlossenheit
piranesischer Weiten erzählerisch konterkariert. An den
Grenzen der Dinge, ihren Flächen und Konturen, schlagen
die Projektionen um; auf diese Weise entwirft Ka
Bomhardt ein Spiel von Täuschung und Enttäuschung als
ironische Überschreitung gegenständlicher Gewissheit.
Die Diskontinuität des Raums, die die Schnitte zwischen
Illusion und Realität markieren, ermöglicht eine Folge
assoziativer Sprünge, aus denen sich, wie aus einer Poesie
der Verkehrungen, eine eigene, erzählerische Kontinuität
der Dinge bildet. Solche Ent-Täuschungen, wie sie
für die Bilder Ka Bomhardts konstitutiv sind, erweisen
sich als reflektierte Mittel einer optimistischen Strategie.
Wolfgang Siano