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  • Wolfgang Siano – Ent-Täuschung

    Das Sichtbare der Dinge erscheint als Illusion ihrer Materialität sowie als Gestalt ihrer Formen, die den Raum in der Fremdheit gegenständlicher Illusion durchschneiden.
    Man sieht sie, aber man hat sie nicht. Ka Bomhardts
    Arbeiten fragen nach der Realität dieser Illusionen, nach
    der Materialität ihrer anschaulichen Präsenz, und sie
    vergegenwärtigt sie in der Unmittelbarkeit ihres Malmaterials,
    den reinen Pigmenten selbstgefertigter Pastelle.
    Die Übertragung der Pigmente in die Fläche, greifbare
    Aneignung der Farbe als Lichtmaterie, vermittelt die
    Projektion der Dinge durch die abstrakte Gegenständlichkeit
    der Farbe als Gestalten ortloser Projektionen.
    Die daraus resultierenden perspektivischen Sprünge
    thematisieren das Vorher-Nachher fokussierender Projektionen
    als irritierende, unwirkliche Gleichzeitigkeit
    von Illusion und Realität; sie entwerfen das Bild einer
    dynamischen, durch die Vorstellung der Dinge in sich
    selbst reflektierten, aufbrechenden Raumkontinuität.
    Die „Säule“ macht den prozessualen Ablauf dieser Reflexionen
    unmittelbar anschaulich. Wie in einem Vexierbild
    tritt, je nachdem, wie man die Gestalt der Formen fokussiert,
    entweder die tragende Säule einer ausschnitthaft
    abgebildeten Balustrade in den Vordergrund oder zwei
    aus deren Negativform abgeleitete, kopfüber dargestellte
    Vasen. Der Nähe der Vereinzelung, die die „Säule“
    als isoliertes Element der Balustrade vergegenwärtigt,
    entspricht die Weite des Raums, den sie durchschneidet;
    diese Weite wiederum erscheint als Oberflächenausdehnung
    der Vasen, deren unsichtbare Tiefe sich in der
    Weite wie in einem kosmischen Dekor der Vasenformen
    reflektiert.Balustrade und Vase werden Spiegel einer imaginären
    Entgrenzung der Realität, die die fiktive Geschlossenheit
    piranesischer Weiten erzählerisch konterkariert. An den
    Grenzen der Dinge, ihren Flächen und Konturen, schlagen
    die Projektionen um; auf diese Weise entwirft Ka
    Bomhardt ein Spiel von Täuschung und Enttäuschung als
    ironische Überschreitung gegenständlicher Gewissheit.
    Die Diskontinuität des Raums, die die Schnitte zwischen
    Illusion und Realität markieren, ermöglicht eine Folge
    assoziativer Sprünge, aus denen sich, wie aus einer Poesie
    der Verkehrungen, eine eigene, erzählerische Kontinuität
    der Dinge bildet. Solche Ent-Täuschungen, wie sie
    für die Bilder Ka Bomhardts konstitutiv sind, erweisen
    sich als reflektierte Mittel einer optimistischen Strategie.

    Wolfgang Siano